Fuel Dumping: Flugzeuge lassen immer häufiger Kerosin über Deutschland ab
Es ist Juni, die Urlaubssaison beginnt und täglich fliegen tausende Flugzeuge über unsere Köpfe hinweg. Dass der Flugverkehr einen enormen Beitrag zum CO2-Ausstoß und damit zum Klimawandel leistet, wissen die Meisten. Doch was hat es mit den großen Mengen Kerosin auf sich, die von einigen Fliegern aus der Luft abgelassen werden? Sind sie wirklich so unschädlich, wie die Behörden behaupten?
Derzeit befinden sich jeden Tag weltweit etwa 80.000 Flieger in der Luft, allein der Frankfurter Flughafen verzeichnet 1.334 Starts und Landungen pro Tag. Dass diese enormen Zahlen auch die CO2-Emissionen immer weiter in die Höhe treiben, ist inzwischen jedem bekannt. Doch ein anderes Phänomen, das immer öfter beobachtet wird, sind die großen Mengen Kerosin, die Flugzeuge sogar über Siedlungen ablassen.
Titel, wie „Flugzeug lässt Kerosin über dem Saarland ab“ oder „Flugzeug lässt 54 Tonnen Treibstoff über Pfalz ab“ sind immer häufiger zu lesen.
Warum lassen Flugzeuge Kerosin ab?
Wenn es technische oder medizinische Probleme an Bord gibt und das Flugzeug umkehren und schnellstmöglich landen muss, werden große Mengen Kerosin abgelassen, um den Flieger für die Landung leichter zu machen. Vor allem bei Langstreckenflugzeugen, die über eine hohe Treibstoffkapazität verfügen, liegt das höchstzulässige Landegewicht deutlich unter dem Startgewicht, um eine sichere Landung gewährleisten zu können. Das Treibstoffablassen wird auch als „Fuel Dumping“ bezeichnet und kommt laut der Deutschen Flugsicherung (DFS) etwa 20 bis 30 Mal pro Jahr vor.
Das höchstzulässige Landegewicht liegt deutlich unter dem Startgewicht, um eine sichere Landung gewährleisten zu können
So viel Kerosin über Deutschland
Deutschland weist eine Flugbewegung von ca. 2.999.935 Flügen pro Jahr auf. Eine Auflistung der erfassten Mengen an Treibstoff, die über Deutschland in den Jahren 2010 bis 2016 abgelassen wurden, ergeben eine Gesamtmenge von über 3500 Tonnen Kerosin bei durchschnittlich 22 Fällen pro Jahr.
Im Umwelt-ABC der Lufthansa steht, dass unter Einhaltung der Mindestbedingungen (die Mindesthöhe für den Treibstoffablass muss mindestens 1500 Meter betragen, es dürfen keine geschlossenen Kreise geflogen werden und die Fluggeschwindigkeit muss mindestens 500 km/h betragen) maximal 8 % des versprühten Treibstoffs den Boden erreichen. Das bedeutet, dass innerhalb von sechs Jahren immerhin 280 Tonnen Kerosin in deutsche Böden sickerten. Angeblich verteile sich diese enorme Menge auf 0,02 Gramm pro Quadratmeter. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Böden besonders in den Gebieten wo das Kerosin runterging wesentlich stärker belastet sind.
Die Pfalz ist besonders stark betroffen
Normalerweise soll Fuel Dumping nur in Gegenden geschehen, die nicht so stark besiedelt sind, doch vor allem die Pfalz hat es schon besonders häufig getroffen.
Nach Angaben des SWR ließen zwischen 2010 und 2016 insgesamt 37 Flugzeuge ihren Treibstoff über Rheinland-Pfalz ab. Zehn Mal hätten allein militärische Flugzeuge insgesamt 130 Tonnen Kerosin abgelassen. Dazu kommen noch die 27 Fuel-Dumping-Fälle der zivilen Flugzeuge. Stark betroffen ist die Region um Ramstein, sowie die Strecke Mannheim-Saarbrücken, wo 2014 allein bei einem Vorfall 40 Tonnen Kerosin abgelassen wurden.
Das Wirtschaftsministerium sieht keine Umweltgefahr. Es beruft sich auf eine 25 Jahre alte Studie, in der von einer „vernachlässigbaren Kontamination des Bodens“ die Rede ist.
Der saarländische Bundestagsabgeordnete der Grünen, Markus Tressel, bezweifelt hingegen die Ungefährlichkeit des Fuel Dumping und fordert neue Studien.
Fuel Dumping kommt in Deutschland durchschnittlich 22 Mal pro Jahr vor
Wie schädlich sind Fuel Dumps für Mensch und Natur?
Behörden, wie das Bundesamt für Zivilluftfahrt, der TÜV Rheinland und das Wirtschaftsministerium sehen im Fuel Dumping also keine Gefahr. Angeblich verdampfe der Großteil des abgelassenen Kerosins und bleibt in der Atmosphäre, bis er durch die Strahlungsenergie der Sonne zu Kohlendioxid und Wasser umgewandelt wird. Lediglich 8% erreichen den Boden, dennoch konnten bislang trotz empfindlichster Messgeräte keine Verunreinigungen festgestellt werden. Kann das wirklich sein?
Beschwerden bei Anwohnern
Rätselhaft bleibt damit der Vorfall, der sich am 28. Juli 2004 über Süddeutschland ereignete, als eine Boeing 777 der Malaysia Airlines aufgrund technischer Probleme zügig landen und dazu innerhalb von 35 Minuten 71,4 Tonnen Kerosin in einer Höhe von 3000 Metern ablassen musste. Kurze Zeit nach dem Fuel Dump gingen rund hundert Meldungen von Anwohnern beim Landratsamt Villingen-Schwenningen ein. Grund waren körperliche Beschwerden, wie Brennen im Hals und starkem Durstgefühl. Die deutschen Behörden zeigten jedoch kein Interesse daran, den Vorfall näher zu untersuchen.
Kerosin ist extrem umwelt- und gesundheitsschädlich
Da Kerosin ein starkes Kontaktgift ist, das eine akute oder chronische Vergiftung verursachen kann, wenn es oral eingenommen, inhaliert oder mit der Haut in Kontakt kommt, liegt der Verdacht nahe, dass die Krankheitssymptome der Anwohner durch das Fuel Dump hervorgerufen wurden.
Die Prognosen sehen düster aus, denn wenn der Flugverkehr immer weiter zunimmt, müssen wir wohl auch in Zukunft mit immer häufigeren Fuel Dumps rechnen.
„Wer Benzin illegal in der Natur entsorgt, wird zu recht mit hohen Geldbußen bestraft. Wenn Flugzeuge jedoch ihren Tank völlig legal über Wälder und Städte entleeren, gilt das plötzlich als unschädlich und interessiert niemanden“ Weiterlesen…
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Quellen: Bilder: Depositphotos/dell640, photoman0, oriontrail, Text: Meike Riebe
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