Die Haltbarkeit von Elektrogeräten liegt oft an einem kleinen Bauteil, welches ein paar Cent kostet. Diese werden absichtlich eingebaut, um den Konsum anzukurbeln. Kritiker nennen dies geplante Obsoleszenz. (c) Thinkstockphotos
Die eingebaute Lebensdauer von Elektronik oder geplante Obsoleszenz
Der Lichtschalter wird betätigt und die Glühbirne ist wieder kaputt, der Kaffeeautomat gibt kurz nach der Garantie den Geist auf und das Auto steht schon wieder wegen einem kleinen defekten Teil in der Werkstatt. Das alles basiert auf der geplanten Obsoleszenz, die von der Tatsache geprägt ist, dass Industriegüter vielfach mit Teilen produziert werden, die längst kein Leben lang mehr halten. Mit Absicht. Murks? Nein danke! prangert dies an und hat Beweise.
In der kalifornischen Feuerwehrstation des Örtchens Livermore brennt eine Glühbirne bereits seit 111 Jahren. Zwar ist nicht bekannt wie oft sie ein- und ausgeschaltet wurde und wie lange insgesamt ihre Brenndauer nun war. Doch, keine heutige Glühbirne der Welt würde dieses für eine Glühbirne geradezu biblische Alter noch erreichen. Und die Erklärung ist schnell erbracht. Thomas Ava Edison, der Erfinder der Glühbirne, hatte tatsächlich das Ziel, die Glühbirne so lange wie möglich haltbar zu machen. Und das gelang auch, unter anderem durch einen wesentlich dickeren Glühdraht als die heutigen Glühbirnen in noch haben. Je dünner dieser ist, desto anfälliger. Und das war auch so geplant, bereits ab 1924 und durch das Phoebus-Kartell.
Geplante Obsoleszenz: Allen Anfang machte die Glühbirne
Obsoleszenz kann man mit Veralterung oder Verschleiß definieren. Geplante Obsoleszenz ist also die industriell bewusst verkürzte Haltbarkeit von Industriegütern, steht für bestimmte Maßnahmen in der Produktentwicklung, die ein Gerät oder Teilen davon nur eine bestimmte Lebensdauer verleihen. Die ‚Einführung‘ der geplanten Obsoleszenz begann nachweislich 1924 als sich die weltweit größten Glühbirnen-Hersteller zum Phoebus-Kartell zusammenschlossen. Offiziell um ein ideales Verhältnis zwischen maximaler Lebensdauer und größter Lichtausbeute gemeinsam zu entwickeln, tatsächlich aber, um eine Gemeinschaft zu bilden, die eine kürzere Lebensdauer aller auf dem Markt erhältlichen Glühbirnen zum Ziel hatte. Mehr Umsatz war der eindeutige Anreiz.
Früher war alles besser
Den Spruch hörte man schon oft, ‚früher war alles besser!‘ Der Fernseher war eine Anschaffung fürs Leben, der über 30 Jahre alte Wäschetrockner läuft heute noch, oder der gute alte Käfer rollt und rollt und rollt. Und, zumindest bei elektronischen Geräten oder in der Automobilwirtschaft ist dies auch der Fall wie Fachleute wie Stefan Schridde von der Initiative Murks? Nein danke! bestätigen. „Es gibt viele Hinweise darauf, dass einige verwendete Teile in Alltagsprodukten nur den einen Zweck haben, schnell kaputt zu gehen. Ein Plastikrädchen im Mixer trifft auf Metallteile, Monitore mit Kondensatoren, die der Hitze nicht standhalten oder festeingebaute Akkus in Handys sind eindeutige Beweise für die geplante Obsoleszenz vieler Produkte.“ Viele Hersteller verweisen hier auf die ‚Geiz ist Geil‘-Mentalität der Konsumenten und argumentiern dahingehend, dass die Produkte zu teuer wären, würden hochwertigere Komponenten verwendet.
Geplante Obsoleszenz und Lebensdauer: Würden Elektronikgeräte oder Bauteile nur ein Jahr lang länger halten, würde dies 30 - 50 Milliarden Euro jährlich in die deutschen Geldbeutel spülen. (c) iStockphoto/Thinkstockphotos
Ökotest hat diese Thematik in ihrer Oktoberausgabe aufgegriffen, viele Produkte getestet und diese Argumentation als fadenscheinig abgewiesen. „Hochwertige Komponenten kosten nur wenige Cents mehr, damit würde sich fast jedes elektronische Produkt höchstens um einen Euro verteuern, aber fünf bis zehn Jahre länger halten."
Murks? Nein danke! Eine Community macht sich stark gegen geplante Obszolenz
Erst im Februar ging der gelernte Betriebswirt und ehemalige Investmentprofi Stefan Schridde mit seinem Internetportal www.murks-nein-danke.de online und wird seitdem überhäuft mit Murksbeispielen aus der Welt der Konsumgüterprodukte. Immer wieder ist auf seinem Portal von Meldungen zur kurzen Haltbarkeit von Handyakkus zu lesen und der Tatsache, dass Hersteller wie Apple mit ihrem iPhone dazu übergehen, „die Lebensdauer des ganzen Smartphones an die Haltbarkeit des Akkus zu binden“, so Schridde empört. Und dass dies keine reine Behauptung ist, belegt er derzeit mit einem Test, der klar belegt, dass ein Zählmechanismus in den Akkus ganz klar die Lebensdauer bestimmt. „Ist die Ladehäufigkeit überschritten, dann gibt das Akku seinen Geist auf“, bestätigt Stefan Schridde seine Testergebnisse gegenüber ecowoman.de. Die Ladehäufigkeit liege bei etwa 500 Ladungen, was einer durchschnittlichen Lebensdauer von etwas mehr als zwei Jahren entspräche. Da die Akkus mit dem Smartphones wie dem iPhone fest verbunden sind, muss das gerät erst eingeschickt werden und für etwa 150 Euro repariert.
Ohne geplante Obsoleszenz würde die Wirtschaft leiden
Hält alles länger, dann kauft auch keiner mehr was und die Wirtschaft leidet, hört Schridde immer wieder aus Politikerkreisen. Doch, das Gegenteil wäre der Fall klärt der Murks? Nein danke!-Gründer auf. „Würde die Lebensdauer unserer Alltagsprodukte nur um ein Jahr verlängert, dann würde dies jährlich 30 – 50 Milliarden Euro alleine in deutschen Geldbeuteln mehr ergeben“, rechnete uns Schridde eindrucksvoll vor. Also wäre eine längere Haltbarkeit eher der Wirtschaft dienlich, anstatt ihr zu schaden.
Geplante Obsoleszenz alles andere als nachhaltig
Für den bewussten Konsument gelten Themen wie ‚Energieeffizienz‘, Ressourcenschonung‘, ‚Fair Trade‘, etc. als unabdingbar, für Unternehmen gehören CSR, Nachhaltigkeitsberichte und die Betonung der ressourceneffizienten Produktion zum guten Ton. „Doch“, so Stefan Schridde, „die Unternehmen müssen wieder bei der Produktqualität anfangen, denn dann erledigt sich das Thema ‚Ressourcenschonen‘ von ganz alleine“. Dann läuft die Waschmaschine wieder 30 Jahre, das Handy hält unproblematisch acht bis 10 und das Auto läuft und läuft.
Einziger Stolperstein: Psychische Obsoleszenz
Das Smartphone mit 13 Megapixel statt 5 Megapixelkamera, der noch größere Fernseher, der endlich auch internetfähig ist und viele Konsumgüterbeispiele, die viele unbedingt haben müssen, machen eigentlich voll funktionsfähige und völlig ausreichende Produkte zu abgelegten. Die Fachwelt spricht hier bereits von psychischer Obsoleszenz. Und die muss jeder Einzelne selbst hinterfragen. Den Rest sollten nachhaltig agierende Unternehmen in den Griff bekommen. Und engagierte Konsumenten können bei Murks? Nein danke! schnell fehlerhafte oder defekte Produkte melden und damit andere aufklären. Denn letztlich hat es der Verbraucher in der Hand. Jedenfalls seit Murks? Neun danke! ins Leben gerufen wurde, Schridde seine Erkenntnisse auf Tagungen und Kongressen kund tut, tut sich was in Sachen geplanter Obsoleszenz.
Text: Jürgen Rösemeier
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