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Angie Berbuer
Angie Berbuer

Das ist die Frau die ihr lächeln nie verliert

Schwere Schicksalsschläge, wie ein tragischer Unfall, können jedem von uns passieren. Angie Berbuer hat das mit nur 21 Jahren selbst erlebt und weiß wie kostbar unsere Zeit ist und worauf es im Leben wirklich ankommt. Das ist ihre Geschichte. 

Das Glück liegt in meiner Hand

Angie Berbuer

Angie Berbuer, Foto: © Deborah Plath

„Mein Glück ist meine Entscheidung“: So lautet nicht nur der Titel ihrer neu veröffentlichten Biografie, die 23-jährige Angie Berbuer lebt ihr Leben auch nach diesem Motto, und zwar jeden Tag. Dass sie anpacken kann und ihr Leben stets in die eigene Hand nimmt, musste sie schon früh beweisen. Denn im November 2019 geriet sie in einen dramatischen Unfall, bei dem sie beide Beine verlor. Gemeinsam mit einem Freund war sie damals im Auto auf der A61 unterwegs, als das Auto der beiden mit einem LKW zusammenstieß. Dabei wurde zwar niemand verletzt, aber als Angie Berbuer aus dem Wagen ausstieg, um die Unfallstelle mit einem Warndreieck zu markieren, wurde zwischen dem Wagen ihres Freundes und einem heranfahrenden Krankenwagen, der die Unfallstelle tragischerweise übersah, eingequetscht. Ihre Verletzungen waren so schwer, dass für ihre Beine keine Heilung möglich war und sie amputiert werden mussten. Trotz der massiven Verletzungen und des hohen Blutverlusts überlebte die junge Frau dank dem Einsatz von engagierten Ersthelfern und den Medizinern im Krankenhaus. An den Unfall selbst kann sie heute nicht mehr erinnern, trotzdem markiert er einen Wendepunkt in ihrem Leben. Schließlich war zuerst unklar, wie es weitergehen sollte. Vor dem Unfall war Sport die Leidenschaft von Angie Berbuer. Mehrmals in der Woche powerte sie sich beim Kraftsport aus und ihr großes Ziel war es, bei der Polizei oder dem Bundeskriminalamt zu arbeiten. Der Einstellungstest stand schon kurz bevor. Außerdem war es immer ihr größter Traum, eigene Kinder zu bekommen und eine Familie zu gründen „Ist das alles überhaupt noch möglich?“ Diese Frage musste sie sich stellen, nachdem sie den Unfall überlebt hatte und ein neues Leben für sie begann.

Wie es nach dem Unfall weiterging

Schnell wurde klar, dass sie auch ohne Beine später mal eine Familie gründen können würde und dass sie auch auf ihren geliebten Sport nicht verzichten muss. Diese Erkenntnis half ihr nach den ersten schweren Tagen im Krankenhaus, ihren veränderten Körper vollkommen anzunehmen und sich den neuen Herausforderungen zu stellen. Es erscheint vielleicht unglaublich, aber für Angie Berbuer stand schon kurz nach dem Unfall fest „Das Leben geht weiter und es wird gut.“ Diese Entschlossenheit begleitete sie auch während des langwierigen Genesungsprozesses, bei dem sie von Familie, Freunden und den Ärzten und Pflegern im Krankenhaus unterstützt wurde. Nach der Entlassung zog sie erst einmal wieder bei ihrer Familie ein, obwohl sie vor dem Unfall bereits in eigener Wohnung gelebt hatte. Doch noch traute sie sich das allein Leben ohne ihre Beine noch nicht zu, weshalb sie sich für ein erneutes Zusammenleben mit ihrer Mutter entschied, obwohl das Verhältnis zwischen den beiden nicht immer einfach war. Rückblickend findet sie aber sogar, dass es ihr damals geholfen hätte, sofort eigenständig zu leben: „Es ist einfacher, die eigenen Kräfte zu erkennen und zu mobilisieren, wenn man es muss, einfach deshalb, weil kein anderer neben dir steht, um dir die Arbeit abzunehmen.“ Diese Selbstständigkeit hat sie sich in den Jahren nach ihrem Unfall wieder erkämpft. Dabei halfen ihr vor allem auch ihre neuen Prothesen, auf denen sie sich fortbewegen kann. Heute lebt sie wieder in einer eigenen, barrierefreien Wohnung in Köln.

Neue Wege dank Social Media

Angie Berbuer

Es klingt banal, aber der lange Krankenhausaufenthalt nach ihrem schweren Unfall war für Angie Berbuer vor allem eins: Langweilig! Zuvor hatte sie ein aktives Leben geführt, hatte durch ihre aufgeschlossene und kontaktfreudige Art viele Freunde und Bekannte. Diese wollten natürlich nach dem Unfall auch wissen, wie es ihr geht und was passiert war. Der einfachste Weg sie darüber zuinformieren war da Social Media. Auf Instagram postete sie deswegen nur wenige Tage nach ihrem Unfall ein Video, noch sichtlich mitgenommen und mit Verletzungen im Gesicht. Doch ihre Botschaft an ihre Lieben war schon damals „Mir geht’s gut, das ist das wichtigste. Und das Leben geht weiter.“ Mit dem Verlust ihrer Beine wollte sie bewusst von Anfang an offen umgehen. Daher machte sie das Video öffentlich für jeden sichtbar und die Reaktionen waren überwältigend. Das Video wurde vielfach geteilt, Fremde sprachen ihr im Internet Mut zu, nahmen Anteil oder berichteten von ähnlichen Erfahrungen. Dieser Austausch auf der Social Media Plattform tat ihr sichtlich gut. Die Möglichkeit, sich mit so vielen Menschen austauschen zu können, war genau das Richtige für Angie Berbuer, die, wie sie selbst sagt, ein überbordendes Mitteilungsbedürfnis besitzt. Und es bleib nicht nur bei den Postings im Internet, auch TV-Sender, Zeitungen und Radiostationen wurden noch während ihrer Zeit im Krankenhaus auf sie aufmerksam und berichteten über sie. Die Aufmerksamkeit der Medien hatte auch Schattenseiten, vielen ging es vor allem um hohe Einschaltquoten mit möglichst reißerischen Berichten. Doch trotzdem hatte alles sein Gutes, wie sie findet. Denn jeder Bericht trug dazu bei, anderen Menschen mit ihrer positiven Art Mut machen zu können.

Das macht Angie Berbuer heute

Auch drei Jahre nach ihrem Unfall zeigt sie diese positive und auch selbstbewusste Art tagtäglich auf ihren Social Media Kanälen. Und damit kommt sie nach wie vor gut an, auf Instagram folgen ihr 150.000 Menschen, auf TikTok sind es sogar über 450.00. Aktuell arbeitet sie auch als Content Creator und beschreibt sich selbst auf Instagram als „Frau die ihr lächeln nie verliert“. Sie teilt auf ihrem Profil verschiedenes aus ihrem Alltag und inspiriert damit ihre Follower. Ihre Leidenschaft Sport spielt hier die Hauptrolle, denn sie übt ihn auch ohne ihre Beine mit Begeisterung aus. Aber auch andere Themen haben hier ihren Platz, wie ihre beiden Hunde Charly und Loki, gesunde Ernährung oder ihr Umgang mit den Herausforderungen des Alltags. Durch das Internet zeigt die junge Kölnerin, dass sie auch ohne Beine ein erfülltes Leben führt, das gefüllt ist mit wertvollen Menschen und spannenden Aktivitäten. Die Positivität, mit der sie ihr Leben anpackt, wird bei Angie Berbuer immer wieder deutlich. So hadert sie nicht mit ihrem Schicksal, sondern gewinnt ihm jede Menge Gutes ab:

„Ich hätte nicht erfahren, wie viele wunderbare Menschen es da draußen gibt, mit denen ich täglich via Social Media Kontakt habe. Ich würde keine Kampagne für meine Kooperationspartner machen, nicht zu Drehs, Shootings und Events eingeladen. Ich hätte nicht gewusst, dass meine Familie und Freunde bereit sind, alles stehen und liegen zu lassen, um für mich da zu sein. Ich hätte nicht geahnt, dass jede Menge Menschen jede Menge Kilometer auf der Autobahn abreißen würden, um mir im Krankenhaus ihre Unterstützung zu zeigen. Ich hätte nicht gewusst, welche Wunder Ärzte, Sanitäter, Pfleger und ganz gewöhnliche Menschen, die ungefragt zu Ersthelfern werden, vollbringen können. Ich hätte meine Mutter nicht von ihrer starken, stützenden Seite erlebt. Ich hätte viel größere Lücken im Leben, als meine Beine sie hinterlassen haben.“

Wie Angie Berbuer ihre Beine verlor aber ihr lächeln behielt

Buch: Mein Glück ist meine Entscheidung

In ihrer Biografie „Mein Glück ist meine Entscheidung“, berichtet Angie Berbuer von ihrem Umgang mit dem Unfall und seinen Folgen und welche Auswirkungen er auf ihr Leben sowie auf ihre Familie und ihre Freunde hatte. Doch es geht noch um viel mehr. Denn der Unfall und seine Folgen waren nicht die erste Herausforderung in ihrem Leben. Als Kind lebte sie in schwierigen familiären Verhältnissen, auf ihren Vater war kein Verlass und ihre Mutter musste hart arbeiten, um sich um die Familie zu kümmern. Schon damals musste Angie also unter Beweis stellen, dass sie eine Kämpfernatur war. Und auch von gescheiterten Beziehungen, vor und nach ihrem Unfall, berichtet sie mit ihrer offenen und schlagfertigen Art. Ihre Erfahrungen, die Positiven wie auch die negativen, haben sie trotz ihres jungen Alters bereits vieles gelehrt. Vor allem, dass man die begrenzte Zeit, die man hat, denjenigen Menschen widmen sollte, die es wirklich verdient haben.

Quellen: Bilder: Angie Berbuer, Text: Fatma Cevik