Mehr Dreck für ein gesundes Immunsystem
Was unsere Großmütter schon wussten, bestätigen erneut medizinische Studien zum Anstieg von Allergien und Unverträglichkeiten in Industrieländern. Übertriebene Reinlichkeit macht krank. Ein bisschen Dreck schadet nicht, sondern stärkt das Immunsystem bereits im Säuglingsalter.
Vor nicht langer Zeit, hat sich kaum jemand Gedanken darüber gemacht, ob es ungesund ist, wenn Kinder ihr Butterbrot mit dreckigen Händen essen. Heute wiegen uns eine weitgehend "keimfreie" Umgebung sowie kontrollierte Hygiene in vermeintlicher Sicherheit vor Krankheitserregern. Wissenschaftler raten aber gerade davon zunehmend ab. Zu viel Sauberkeit kann sich sogar schädlich auf den Organismus auswirken. Ein bisschen "Dreck" fördert die Ausbildung eines gesunden Immunsystems, trainiert den Abwehrmechanismus und schützt vor Allergien.
Ab in den Dreck! Zu viel Sauberkeit kann krank machen
Allergien auf dem Vormarsch
Allergien und Unverträglichkeiten nehmen in allen industrialisierten Ländern deutlich zu. In Deutschland ist etwa ein Drittel der Bevölkerung davon betroffen, Tendenz steigend. Die genaue Ursache für den Anstieg von "Überempfindlichkeiten" ist derzeit noch nicht geklärt. Allerdings konnten sterile Umgebungen in mehreren medizinischen Studien als eine Ursache dafür identifiziert werden. Allgemein sind wir durch mehr Sauberkeit zwar besser vor hygienebedingten Erkrankungen geschützt, aber wenn es um den Aufbau einer kräftigen Immunabwehr geht, scheint ein bisschen mehr Dreck dienlicher. Gerade das Immunsystem von Kindern braucht regelmäßiges Training, um sich im Ernstfall gegen bösartige Erregerattacken wehren zu können. Da ist ein wenig Dreck, inklusive kleiner Mengen Bakterien oder Viren, ein idealer Sparringspartner.
Warum Dreck das Immunsystem trainiert
Vieles Erlernbare fällt uns in jungen Jahren leichter. Ähnlich geht es unserem Immunsystem. Kleinkinder, die bereits früh mit Mikroben in Berührung kommen, sind im Erwachsenenalter besser gegen Allergien geschützt, wie Kinder, die sehr steril aufwachsen. Dies ist das Ergebnis einer medizinischen Studie mit mehr als 1000 Kindern in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz. Die Forscher konnten feststellen, dass die Kinder mit Allergien wie Asthma oder Heuschnupfen, zu Hause mit wesentlich weniger "krankheitsauslösenden" Bausteinen, sogenannten Endotoxinen, konfrontiert wurden, als die gesunden Kinder.
Dreck trainiert das Immunsystem: das zeigt eine Studie beim Vergleich von Stadtkindern mit Kindern, die auf Bauernhöfen groß werden
Somit scheint ein direkter Zusammenhang darin zu bestehen, dass die Berührung mit Bakterien und Viren in jungen Jahren für die Entwicklung und den Erhalt eines funktionierenden Immunsystems unerlässlich ist. Ähnliches konnte in einer früheren Studie festgestellt werden. Im Vergleich zu Stadtkindern, reagiert das Immunsystem von Kindern, die auf Bauernhöfen groß werden, wesentlich toleranter auf harmlose Bakterien oder Allergene. Da die Landkinder weit mehr mit Keimen in Kontakt kommen, wird das Immunsystem für später besser trainiert und ist im Umgang mit allergieauslösenden Substanzen weniger sensibel.
Gleiches zeigt sich auch bei mehrfach durchlebten Infektionskrankheiten in frühen Kinderjahren. Das "Immungedächtnis" kann später auf ein größeres Repertoire an Abwehrmechanismen zurückgreifen, die, entsprechend der Studienergebnisse, auch vor einer allergischen Erkrankung schützen können. Welcher Faktor nun endgültig eine Allergie auslöst, konnte nicht klar ermittelt werden. Dennoch empfehlen die Wissenschaftler, zur Gesundheitsvorsorge auf übertriebene Reinlichkeit zu verzichten.
Das könnte Sie auch interessieren:
Schlafmittel sind für Kinder gefährlich!
Quellen: Bilder: Depositphotos/Christin_Lola, pavsie, Xalanx, Text: Tine Esser
- Immunsystem
- Allergien