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Go Naked eine Werbekampagne für unverpackte Kosmetik provoziert in Australien
Pornografie-Vorwürfe

Pornografie-Vorwürfe gegen Kosmetikfirma

Vier Frauen stehen mit dem Rücken zur Kamera vor einer weißen Wand. Sie alle sind unterschiedlich groß, haben unterschiedliche Figuren, Haarfarben, Teints. Doch eins haben sie gemeinsam: Sie sind alle nackt.

Die vier Frauen haben für Furore gesorgt. Sie sind Teil der „Go Naked“-Kampagne von Lush, die von Ende August bis Anfang September in Australien stattfand. Der Kosmetikhersteller, der sich gegen Tierversuche und für Menschenrechte einsetzt, wollte damit einerseits auf die unverpackten Kosmetika aufmerksam machen, die er in seinen Filialen überall auf der Welt verkauft. Andererseits sollte die Aktion ein Statement sein gegen das normalerweise in der Kosmetikbranche vermittelte Frauenbild.
Doch es dauerte nicht lange, bis die ersten Beschwerden bei der australischen Werbeaufsicht eingingen. Der Vorwurf: Die Kampagne sei pornografisch und gefährde Kinder. Zwar konnte die Aktion mit einer Ausnahme überall bis zum Ende durchgeführt werden, doch die Diskussion war im Gange und zog weite Kreise. In Italien, Deutschland, Großbritannien und sogar in Russland berichteten Medien über die Go Naked-Kampagne und die Pornografie-Vorwürfe.

Scheinheilige Vorwürfe

Go Naked eine Werbekampagne für unverpackte Kosmetik provoziert in Australien

Go Naked, eine Werbekampagne für unverpackte Kosmetik provoziert in Australien.

Nun lässt sich sicherlich darüber streiten, ob es notwendig ist, nackte Haut in der Werbung einzusetzen – und zwar unabhängig von den Motiven, die (angeblich) dahinter stecken. Dem Kosmetikkonzern Lush Pornografie vorzuwerfen, ist allerdings nicht nur überzogen, sondern auch scheinheilig. Denn wir alle – und natürlich auch unsere Kinder – werden täglich mit Bildern von (halb)nackten Menschen konfrontiert. Meistens sind das Frauen. Und zwar solche, deren Haut keine einzige Falte aufweist, bei denen sämtliche Körperteile nach gängigem Maßstab perfekt geformt sind und an deren Körpern kein einziges Gramm Fett zu finden ist.

Wie sehr ein solches Körperbild, das seit vielen Jahren in der Öffentlichkeit idealisiert wird, Mädchen und Frauen überall auf der Welt unter Druck setzt und mit welchen Folgen, das ist hinlänglich bekannt. Magersucht, Bulimie, Depressionen – wer einmal dem Druck erlegen ist, kommt nur schwer wieder aus dem Teufelskreis heraus. Dabei ist es den meisten Frauen naturgemäß schlicht unmöglich, so auszusehen wie die Models auf den Plakaten, die uns tagtäglich und überall präsentiert werden. Tatsächlich sehen die meisten Frauen so ähnlich aus wie die Frauen auf dem Lush-Plakat.

Ein Ideal, das krank macht

Dass die Firma mit der Go Naked-Kampagne zeigt, wie viele Frauen in Wirklichkeit und ohne Bildbearbeitung aussehen – mit allen Falten und Rundungen, die nun mal dazugehören – sollte besorgte Eltern also nicht panisch „Pornografie!“ schreien lassen. Zumal die abgebildeten Frauen, allesamt Lush-Mitarbeiterinnen, sich offenbar freiwillig für die Kampagne fotografieren ließen. Viel eher sollten sie, sollten wir alle uns fragen, warum es so ungewöhnlich für uns ist, mit dieser Art von nackter Haut konfrontiert zu werden. Warum wir einem Ideal hinterhereifern, das uns krank und unzufrieden macht. Und ob Natürlichkeit uns nicht zufriedener macht – und zwar nicht nur in Bezug auf Kosmetik.

Quelle: Lush, Bild: Lush, Text:  Ronja Kieffer