Dag Heydecker, Geschäftsführer 1. FSV Mainz 05, Foto: Mainz 05
«Mainz 05 erster nachhaltiger Fußballclub in der Bundesliga»
Nicht nur in der Fußball-Bundesliga sorgt der 1. FSV Mainz 05 für positive Schlagzeilen. Nachhaltigkeit spielt bei dem sympathischen Verein eine entscheidende Rolle. Das neue Stadion wurde unter Berücksichtung moderner ökologischer Gesichtspunkte gebaut und die Macher des Clubs setzen auf Werte wie Menschlichkeit sowie regionale Verantwortung. Umweltgerechtes Handeln steht ganz oben auf der Agenda. Nachhaltigleben.de sprach mit Dag Heydecker, dem Geschäftsführer von Mainz 05.
Sie setzen auf Solarenergie bei der Stromversorgung des neuen Stadions. Können Sie uns ein paar Hintergünde dazu erläutern?
Mainz 05 versteht sich seit jeher als grüner und ökologisch ausgerichteter Verein. Wir hatten auf dem Dach des Bruchwegstadions schon eine Photovoltaikanlage installiert, da wussten die wenigsten mit diesem Begriff etwas anzufangen. Mitarbeiter werden sensibilisiert, auf Kleinigkeiten zu achten: Papierverbrauch, Stromverbrauch. Mit dem Einstieg von ENTEGA als Hauptsponsor haben wir gemeinsam mit ENTEGA das Ziel ausgegeben, der erste klimaneutrale Verein der Fußball-Bundesliga zu werden. Schon im ersten Vertragsjahr haben wir einige einschneidende Maßnahmen ergriffen, die CO2-Emission des Vereins nachhaltig zu vermindern. Zum Beispiel haben wir die Lüftungsanlagen modernisiert, komplett auf Ökostrom umgestellt und gemeinsam mit dem Ökoinstitut Darmstadt den CO2-Fußabdruck des Vereins ermittelt. Als das neue Stadion, die Coface Arena, geplant wurde, war von vornherein klar, dass wir auf Solarenergie setzen.
Mainz 05 ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region. Wie machen Sie Ihre Entscheidungen im Verein von dieser Verantwortung abhängig?
Mainz 05 ist in der Stadt und in der Region stark verwurzelt. Wir haben inzwischen 13.000 Mitglieder und zirka 220 Fan-Clubs. Wir sind uns bewusst, welche große Verantwortung wir tragen. Wir haben beim Bau des Stadions versucht, Unternehmen aus der Region einzubinden. Wir sind stets bestrebt, Geschäfte außerhalb des Fußballs mit unseren Partnern zu machen. Das klappt oft, aber nicht immer.
Das Stadion von Mainz 05 ist nach modernen ökologischen Gesichtspunkten gebaut. Foto: Mainz 05
Im Vorfeld gab es auch Proteste zum Stadionbau. Wie sind Sie diesen begegnet?
Bei solch einem Bauvorhaben gibt es immer Proteste. Es ist ja so: Die meisten Menschen befürworten ein neues Fußball-Stadion, sagen aber: «Nicht vor meiner Tür.» Ich habe von 2003 bis 2005 den Bau der SAP ARENA in Mannheim mit begleitet. Da gab es Proteste in einer ganz anderen Größenordnung. Der Besitzer eines Schrebergartens setzte dort durch, dass ein Lärmschutz für 400.000 EUR gebaut wurde. Zudem gingen die Tierschützer auf die Barrikaden. Feldhamster, die übrigens nie gesehen wurden, wurden in aufwändigem Stil umgesiedelt. Diese Probleme hatten wir in Mainz nicht. Wir haben hier auf Dialog und Vernunft gesetzt. Wir haben durchaus Verständnis, wenn nicht jeder begeistert ist, dass ein Fußball-Stadion gebaut wird. Aber in Mainz hielt sich die Zahl der Protestierenden doch in bescheidenem Rahmen.
Was zählen Sie im Verein alles zur Nachhaltigkeit?
Die intensive wie erfolgreiche Nachwuchspflege, unsere vielen sozialen Projekte, aber auch das Miteinander in der Geschäftsstelle und das Thema Umwelt.
Nachhaltigkeit spielt für den 1. FSV Mainz 05 eine entscheidende Rolle. Foto: Mainz 05
Sie genießen bundes- und europaweit hohe Sympathiewerte. Wie erklären Sie sich das?
Mainz 05 hat in den Jahren 2003 und 2004 Geschichte geschrieben. Die beiden Nichtaufstiege waren so tragisch, so unglaublich. Die Reaktion des Trainers Jürgen Klopp, die Reaktion des Management und der Fans war einmalig. Nämlich sportlich, fair. Mainz ist zweimal in Folge in einem Meer von Tränen versunken. Jeder Fußball-Fan litt mit, das konnte und durfte doch nicht wahr sein. So dramatisch diese Leidensgeschichte auch war, im Endeffekt war es der Beginn einer großen Sympathiewelle. Zudem ist das Mainzer Publikum sehr gastfreundlich, fröhlich und aufgeschlossen. Wir sind ein emotionaler Verein mit einem Vorstand, der seit 23 Jahren im Amt ist. Das ist einmalig und schafft natürlich Vertrauen.
Welche weiteren ökologischen Gesichtspunkte wurden beim neuen Stadion berücksichtigt?
Im neuen Stadion wurde so ziemlich alles beachtet, was in die Rubrik «Ökologie» fällt. Wir haben uns extern beraten lassen und sind stolz, dass wir mit der Coface Arena nicht nur ein schönes, sondern auch ein ökologisches Stadion gebaut haben.
Welche sozialen Projekte begleitet Mainz 05?
Im Sommer vergangenen Jahres haben wir den Charity-Verein «Mainz 05 hilft e.V. ... wir kümmern uns» gegründet. Schirmherr ist Kardinal Karl Lehmann. Hier werden wir von zehn Firmen aus der Region finanziell und ideell unterstützt. Zudem arbeiten zirka 20 Personen im Initiativ-Team – ehrenamtlich. Eine tolle Geschichte. Wir versuchen, unschuldig in Not geratenen Menschen schnell zu helfen. Wir haben zudem einen Kids-Club, einen Youngster-Club und ein Schulprojekt, das «05er Klassenzimmer». Hier kooperieren wir mit 25 Schulen in der Region und versuchen, den Schülern und Schülerinnen soziale Werte zu vermitteln. Es ist ein großartiges Projekt, mit dem wir rund 50.000 Menschen ansprechen. Zudem haben unsere Spieler Patenschaften mit sozialen Institutionen.
Interview: Ulrike Rensch