Artensterben für die Gourmetküche
Froschschenkel sind bei Gourmets immer noch beliebt. Um die Nachfrage zu stillen werden aber ohne Rücksicht auf den Artenschutz Tonnen von Fröschen getötet und importiert. Das sind die Folgen.
Was passiert, wenn Frösche aussterben?
Froschschenkel gelten in der gehobenen Küche immer noch als Delikatesse. Der Hunger nach dem Gericht hinterlässt in der Natur aber dramatische Spuren. Die meisten der eingefangenen Tiere werden hierher nach Europa importiert, 4.070 Tonnen sind es etwa jedes Jahr. Das sind insgesamt ungefähr 81 bis 200 Millionen Frösche, die meistens aus der Natur eingefangen werden. Diese Zahlen ergab der Bericht „Deadly Dish“, der in Zusammenarbeit der Artenschutzorganisation Pro Wildlife aus Deutschland und Robin des Bois aus Frankreich angefertigt wurde. Nirgendwohin sonst werden so viele Froschschenkel importiert wie in die EU, am beliebtesten sind in den Restaurantküchen dabei die großschenkligen Froscharten. Die enorme Menge der importierten Tiere führt nun zu einer Bedrohung der Froschbestände in Indonesien, Türkei und Albanien, wo sie hauptsächlich herkommen.
Vor den gefährlichen Folgen dieser Entwicklung warnt Dr. Sandra Altherr, Mitbegründerin der Münchner Organisation Pro Wildlife: „Lieferten in den 1980er Jahren zunächst Indien und Bangladesch Froschschenkel nach Europa, übernahm Indonesien seit den 1990ern als größter Lieferant. In dem südostasiatischen Land, wie inzwischen sogar auch in der Türkei und Albanien schwinden die großen Froscharten nacheinander – das Ganze ist ein fataler Domino-Effekt für den Artenschutz.“ Das Froschsterben hat nämlich weitreichende Auswirkungen. Frösche haben als natürliche Insektenvernichter eine wichtige Rolle im Ökosystem inne. Wenn diese Aufgabe von ihnen nicht mehr erfüllt werden kann, werden mehr gesundheits- und umweltschädliche Pestizide eingesetzt. Noch dazu werden die Tiere auf höchst grausame Art getötet. Die Schenkel werden in der Regel völlig ohne Betäubung abgetrennt und der restliche Körper endet sterbend als Abfall. Wenn wir in Europa aber nicht auf das Fleisch der Tiere verzichten wollen, wird sich daran kaum etwas ändern.
Ein ganzes Jahrzehnt hat sich nichts verbessert
Diese Situation ist nicht neu, bereits 2011 hatte sich Pro Wildlife mit der Problematik des Imports auseinandergesetzt. Der neu veröffentlichte „Deadly Dish“ Bericht zeigt, dass die immer noch hohe Nachfrage nach Froschschenkeln in Europa in der Zwischenzeit die Lage noch verschlimmert hat. So wurden in Indonesien seit 2011 immer noch große Mengen an Fröschen für den EU-Markt getötet und die Population vermindert. Zwischen 2010 bis 2019 waren es sogar mehr als 30 Millionen Kilogramm Froschschenkel, die von dem Inselstaat importiert wurden. Insgesamt stammen ungefähr 74 % der EU-Importe aus Indonesien. Dadurch existieren bestimmte Froscharten, wie der früher häufig importierte Java-Frosch, heute kaum noch. Ähnlich sieht es in anderen Ländern aus. Auch in der Türkei sind die Folgen des rücksichtslosen Handelns deutlich zu spüren. Die dort lebenden Wasserfrösche sind davon bedroht, bereits bis 2032 ausgerottet zu werden. Ähnlich ist es mit dem Skutari-Wasserfrosch, der aus Albanien stammt. Anders als in der EU stammen die Froschschenkel in den USA hauptsächlich aus Beständen, die extra für den Handel herangezüchtet werden. In Europa kommen aber immer noch meistens Froschschenkel auf den Teller, die von wild lebenden Tieren stammen.
Gemeinsam fordern die Organisationen Robin de Bois und Pro Wildlife jetzt von der EU, dass der Wildfang endlich stark eingeschränkt wird. Sie kann den Raubbau der Froschbestände aktiv Einhalt gebieten. Funktionieren kann dies, indem internationale Handelsbeschränkungen durch das Weltartenschutzabkommen CITES durchgesetzt werden. Aber auch wir als Verbraucher können etwas bewirken. Und zwar indem wir auf den Verzehr von Froschschenkeln oder anderen Gerichten verzichten, wenn davon ganze Arten bedroht werden.
Deutsch-französische Zusammenarbeit für den Artenschutz
Der globale Schutz von Wildtieren und ihrer Lebensräume ist das Ziel von Pro Wildlife e.V. Die gemeinnützige Organisation möchte dafür die Gesetze zum Schutz der Wildtiere kontinuierlich verbessern. Dies will sie unter anderem durch die Teilnahme an Konferenzen zum Thema Artenschutz erreichen, wie der Internationalen Walfangkommission (IWC) oder dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES). Zu ihren Aufgaben gehört das Aufzeigen von Missständen und die Information von Politiker, Medien und Verbrauchern über Probleme und Entwicklungen im Wildtier- und Naturschutz. Zusätzlich werden zahlreiche Arten- und Tierschutzprojekte in verschiedenen Ländern unterstützt. Dabei werden Opfer von Wilderei und Wildtierhandel gerettet, Lebensräume geschützt, Wilderei verhindert und wichtige Aufklärungsarbeit geleistet.
Auch die 1985 gegründete Nonprofit-Organisation Robin De Boi setzt sich für den Umweltschutz und den Schutz des Menschen ein, und zwar mithilfe von Forschung und gewaltfreier Aktionen. Dafür werden Feldforschungen durchgeführt, außerdem nehmen die Mitarbeiter an einer Vielzahl von institutionellen Konsultationsgruppen und internationalen Konventionen teil, um Einfluss zu üben. Schon seit 1988 erfüllt sie die Rolle des Beobachters bei Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Tier- und Pflanzenarten und auch bei der internationalen Walfangkommission.
Mehr Informationen zum Thema Froschsterben und zur Arbeit von Pro Wildlife gibt es auf der Seite der Organisation.
Quellen: Pro Wildlife, Bilder: ©Pro Wildlife, Text: Fatma Cevik
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