Doch keine Produkte aus der Region? EDEKA schießt Eigentor
Die Supermarktkette EDEKA wollte ein Zeichen gegen Rassismus setzen und zeigt einen Werbefilm, in dem eine Filiale mit völlig leeren Regalen zu sehen ist. Damit will EDEKA verdeutlichen: So leer wäre das Geschäft, wenn man alle Produkte aus dem Ausland verbannen würde. Doch im Netz kommt der kreative Spot gar nicht gut an.
EDEKA hat die Nase voll von Rassisten und räumt kurzerhand eine Ladenfiliale in Hamburg leer, um zu zeigen, wie eingeschränkt unser Alltagseinkauf ohne Vielfalt wäre. Anstelle der Produkte wurden Aufsteller platziert, auf denen Sprüche zu lesen sind, wie: „Dieses Regal ist ohne Vielfalt ziemlich langweilig“, „dieses Regal zeigt: Deutschland wäre ärmer ohne Vielfalt“ oder „unsere Auswahl kennt heute Grenzen“. Eine Fotostecke zu der Aktion wurde ebenfalls online veröffentlicht, auf der unter anderem eine halbleere Salattheke zu sehen ist, an der es eben keine Tomaten aus Spanien oder Oliven aus Griechenland gibt.
Und auch an der Käsetheke herrscht gähnende Leere, in ihr steht ein Schild mit der Aufschrift: „So leer ist ein Regal ohne Ausländer.“ Käse aus Frankreich gibt es hier erst einmal nicht. Mit der Aktion möchte EDEKA Rassisten den Spiegel vorhalten und ihnen zeigen, wie leer die Supermarktregale wären, würde man alle Produkte aus dem Ausland verbannen. Eine Idee, die bei den Usern im Netz jedoch nicht gut ankommt. Für die einen bietet der Clip scheinbar die ideale Plattform, um ihren rassistisch gefärbten Kommentaren und Parolen freien Lauf zu lassen und für viele andere stellt sich die Frage: „Wo sind eigentlich die Lebensmittel geblieben, die in Deutschland produziert werden?“
Lebensmittel aus Deutschland? – Fehlanzeige!
Preiste EDEKA in vergangenen Werbespots noch besonders kurze Lieferwege und regionale Lebensmittel „frisch aus erster Hand“ an, so ist davon im neusten Clip nicht mehr viel zu sehen. Selbst die Wurst- und Milchregale sind leer und das, obwohl Deutschland Rekordmengen an Fleisch und Milch produziert. Der sogenannte Selbstversorgungsgrad mit Fleisch erreichte 2015 mit 122 Prozent einen neuen Rekord, wie aus einer Antwort des Bundeslandwirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion hervorgeht. Mit über 36.000 Beschäftigten ist die Milchindustrie in der Ernährungsindustrie ganz vorne und die Anzahl der Betriebe in Deutschland, die Kühe für die Milchproduktion halten, wird mit 90.200 angegeben. Und trotzdem befinden sich im Sortiment von EDEKA nur wenige dieser Produkte, wie die Bilder zeigen. Woran liegt das?
Deutschland – die Exportnation oder geiz ist geil?
Zum einen liegt es vermutlich schlicht und ergreifend daran, dass Ware aus dem Ausland billiger ist und zum anderen wird ein großer Teil der in Deutschland produzierten Lebensmittel ins Ausland exportiert. Das Exportgeschäft hat sich zwischen 2003 und 2014 mehr als verdoppelt und das Wachstum ist nach wie vor konstant. Fleisch- und Fleischwaren machen 19,5 % und Milch- und Milchprodukte 16,7 % des Gesamtexports ins Ausland aus. Das verraten die Statistiken der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie und dem statistischen Bundesamt aus dem Jahr 2014.
Vor allem der Außenhandel mit Milchprodukten hat für die deutsche Milchwirtschaft eine zunehmend hohe Bedeutung. Inzwischen exportiert Deutschland die Hälfte seiner produzierten Milchmenge! Grund dafür ist angeblich die Bevölkerungsabnahme in der Bundesrepublik. Weil der Altersdurchschnitt steigt und damit die Anzahl möglicher Milchverbraucher sowie der durchschnittliche Verbrauch an Milch und Milchprodukten ebenfalls bald tendenziell sinken wird, muss die deutsche Milchindustrie neue Märkte im Ausland erschließen um die – trotz sinkender Kuhbestände – steigenden Rohmilchmengen wirtschaftlich rentabel zu verarbeiten und zu veräußern.
Doch was sagt eigentlich EDEKA dazu? Lest selber:
Und weitere User-Meinungen…
Ein YouTuber hat den Spieß sogar umgedreht und den Inhalt des Videos auf Qualität ausgerichtet. In der Beschreibung heißt es: „Was wäre die Welt ohne Qualität? Wie sieht ein EDEKA-Markt ohne Fertigprodukte und Lebensmittel aus intensiver Landwirtschaft aus? Wie reagieren die Kunden darauf? Die Antworten darauf finden Sie in diesem Film. Leider ist das nicht der offizielle Werbefilm und hat nichts mit dem tatsächlichen Warenangebot von EDEKA zu tun, sondern ist Wunschdenken von mir.“
6 Gründe für regionale Lebensmittel
Warum genau sollte man eigentlich Produkte aus der Region bevorzugen? Wir haben sechs Gründe aufgezählt.
- Sie sind klimafreundlicher, da sie nur kurze Transportwege hinter sich haben. Lebensmittel, die mit dem Flugzeug transportiert werden, weisen eine besonders schlechte Ökobilanz auf. Doch Achtung! Dieses gilt nur für Lebensmittel, die nicht nur regional, sondern auch saisonal sind. So können sonnengereifte Tomaten aus Spanien beispielsweise eine bessere Energiebilanz aufweisen, als solche die in beheizten Gewächshäusern direkt um die Ecke herangezogen werden.
- Regionale Lebensmittel, die voll ausreifen können und erntefrisch verkauft werden, schmecken besser.
- Sie sind durch die volle Reife außerdem vitalstoffreicher.
- Regionalität schafft Identität. Man beißt nicht in ein anonymes Produkt vom Ende der Welt, sondern in einen Apfel von der Streuobstwiese gleich um die Ecke.
- Man kann persönlichen Kontakt zum Erzeuger aufnehmen und sich von der Qualität überzeugen.
- Die regionale Wirtschaft wird gestärkt und der Erhalt von Arbeitsplätzen gesichert.
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Quellen:, Bilder: Screenshot/Youtube Edeka, Text: Meike Riebe