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Arbeitsbedingungen in Textilfabriken
Sklaverei in der Textilbranche

Moderne Sklaverei - Die Fast-Fashion-Industrie

Bekannte Modelabels lassen Kleidung in Drittweltländern herstellen, in denen Menschen kaum Rechte haben und Umweltauflagen nicht existieren oder eingehalten werden. Ausgebeutete Arbeiter, eingestürzte Textilfabriken, verschmutzte Weltmeere und hochgiftige Kleidung sind das Ergebnis der Fast-Fashion-Industrie. Wie es mit den Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie heute aussieht und was Sie als Verbraucher tun können um fair produzierte Kleidung zu unterstützen, erfahren Sie in diesem und im zweiten Teil unserer Fashion-Serie.

Immer mehr – immer schneller – immer billiger: Das ist das Kredo unseres kapitalistischen Systems. Schier endloser Wachstum und hoher Konkurrenzdruck haben längst globale Auswirkungen angenommen und werden auf dem Rücken der Armen, sowie der Umwelt ausgetragen. Die Erde dient als Rohstofflieferant und Endlager für Industriemüll, der Mensch als Produktionsmaschine. Wie alle Industrien, folgt auch die Textilindustrie den Gesetzen des grenzenlosen Wettbewerbs und lässt immer mehr Kleidung zu immer günstigeren Preisen herstellen. Da der einzige Wettbewerbsvorteil vieler Modelabels in den niedrigen Arbeits- und Produktionskosten liegt, wanderte die Textilbranche seit den 50er-Jahren von den nördlichen Industrieländern zunächst in südliche europäische Standorte wie Portugal und von dort aus weiter nach China, Vietnam, Bangladesch und Kambodscha.

In den Drittweltländern werden mehr und mehr Fabriken gebaut, in denen Menschen für Dumpinglöhne bei fehlenden Sicherheits- und Umweltauflagen arbeiten. Diese Arbeiter sind oft Frauen, die unter Vortäuschung falscher Tatsachen in die Fabriken gelockt werden, wo sie dann körperliche Schwerstarbeit für ein oder zwei Euro am Tag leisten und in langanhaltender Isolation leben müssen.

Feuer in pakistanischer Textilfabrik

Viele der Textilfabriken in Bangladesch, Pakistan, Sri Lanka, Indonesien, Kambodcha, Indien oder China sind marode und baufällig. Häufig interessiert das jedoch weder die jeweilige Regierung, noch die Auftraggeber, die dort ihre Kleidung produzieren lassen. Aus diesem Grund kam es in den vergangenen Jahren schon mehrfach zu Katastrophen, über die in den Medien kaum berichtet wurden.

So kamen 2012 beim Brand der Textilfabrik Ali Enterprises in Karachi, Pakistan 254 Menschen ums Leben, 55 wurden verletzt.  Als das Feuer ausbrach, wurden die Arbeiter im Inneren des Gebäudes eingeschlossen. Ausgänge waren verriegelt und Fenster mit Gittern versperrt, so dass sie den Flammen nicht entkommen konnten.In der Fabrik wurde hauptsächlich Kleidung für den Textildiscounter KiK gefertigt. Nach der Katastrophe zahlte KiK 1 Mio. US-Dollar Soforthilfe an die Opfer und ihre Familien. Weitere Schadensersatzzahlungen und Schmerzensgelder, sowie die Verpflichtung 250.000 US-Dollar für eine bessere Durchsetzung der Arbeitsnormen zu zahlen, stehen bis heute noch aus.

Katastrophen in Bangladesh

Ebenfalls 2012 brach ein Feuer in der Fabrik Tazreen in Bangladesch aus. Mehr als hundert Arbeiter mussten aus den Fenstern der dritten und vierten Etage springen und kamen dabei ums Leben oder wurden schwer verletzt. Hinterbliebene der Toten und Überlebende kämpfen seitdem um Entschädigung für den Verlust ihrer Angehörigen. Modelabels, die in Tazreen produzieren ließen, waren unter anderem Walmart, El Corte Ingles, KiK, sowie C&A, Sean Johns Enyce brand, Karl Rieker, Plaza Italia, Teddy Smith, Disney, Sears, Dickies und Delta Apparel. Insgesamt konnten mindestens 12 Markenhersteller identifiziert werden.

Das mediale Interesse an den Unglücken in den Textilfabriken nahm erst zu, als im Jahr 2013 die Fabrik Rana Plaza in Bangladesch einstürzte und mehr als 3500 Menschen unter sich begrub. 1134 Arbeiter und Arbeiterinnen kamen dabei ums Leben, über 2500 wurden verletzt. Die Wände des Gebäudes zeigten seit Tagen tiefe Risse, die jedoch niemanden interessierten. 29 Unternehmen konnten als Auftraggeber von Rana Plaza ausfindig gemacht werden. Darunter Benetton, Primark, KiK, C&A, Adler, das Zara- und Mango-Mutterunternehmen Inditex, NKD, El Corte Ingles, Bon Marché und Walmart. 

Kampf um bessere Arbeitsbedingungen

Das europaweite Netzwerk Clean Cloth Campaign (CCC) kämpft seit Jahren für bessere Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie. Erst nach der Katastrophe mit Rana Plaza ist es der CCC gelungen, die Industrien zur Unterzeichnung des Bangladesh ACCORDs zu drängen, welches bislang von insgesamt 89 Modemarken unterschrieben wurde. Das Bangladesch ACCORD beinhaltet ein Brand- und Gebäudeschutzabkommen, sowie die Aufdeckung und Sanierung von maroden Gebäuden durch unabhängige Sicherheitsinspektoren.

Seit drei Jahren kämpft die CCC zudem gemeinsam mit Überlebenden und Angehörigen der Todesopfer um Entschädigungen und setzt sich für das Recht der Mitarbeiter auf Versammlungsfreiheit ein.Heute, drei Jahre nach der Katastrophe konnte den Überlebenden und Hinterbliebenen des Unglücks 18,5 Millionen US-Dollar ausgezahlt werden, 1,5 Millionen US-Dollar sind in neue medizinische Versorgungssysteme geflossen. Weitere 12,4 Millionen US-Dollar hat der irische Textil-Discounter Primark den Mitarbeitern der New Wave Bottoms Factory gezahlt. Angehörige der Opfer kämpfen jedoch noch immer für ausstehende Entschädigungen.

Wie sehen die Fabriken heute aus?

Laut den Ergebnissen der Arbeit des ACCORDS und der Clean Cloth Campaign wurden inzwischen 1589 Fabriken untersucht und über hunderttausend Gefahrenquellen ausgemacht. Fast alle Fabriken kümmern sich nicht um erforderliche Reparaturen und hinken den vereinbarten Sanierungen immer noch hinterher. Lediglich sieben haben bemängelte Sicherheitslücken behoben – Notausgänge und Brandschutzmaßnahmen fehlen zum großen Teil immer noch.Ob die jeweiligen Regierungen und die zahlreichen Auftraggeber jemals etwas grundlegendes an den Arbeitsbedingungen ändern werden, bleibt fraglich. Nachhaltigkeitsvorschriften stehen bei vielen Modelabels bislang nur auf dem Papier. Insgesamt ist die Textilindustrie ein sehr undurchsichtiges System, an dem zahlreiche Zulieferer und Subunternehmen beteiligt sind, so dass eine wirksame Kontrolle sehr schwierig ist. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Arbeiter vor Ort ihre Recht kennen. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag des Bun­des­mi­nis­te­ri­um für wirt­schaftliche Zusammen­arbeit und Ent­wicklung (BMZ) und der Europäischen Union, sowie einige Nichtregierungsorganisationen sorgen dafür, dass Manager und Vorarbeiter von Fabriken geschult werden. Die größte Macht im Kampf gegen Ausbeutung, hat neben den Konsumenten die Politik.

Die EU hat 2001 mit Bangladesh ein Abkommen geschaffen, bei dem Bangladesh Waren in die EU importieren darf ohne Zölle zahlen zu müssen. „Wenn Brüssel wollte, könnte das Abkommen jederzeit gekündigt werden. Die Regierung in Bangladesch muss dafür sorgen, dass die Textilfabriken regelmäßig kontrolliert werden und mittelfristig internationale Sicherheitsstandards einhalten“, sagte der ehemalige EU-Handelskommissar Karel de Gucht im Jahr 2013.Tatsächlich klaffen Anspruch und Wirklichkeit jedoch noch weit auseinander und auch die EU hat von der Möglichkeit, die Zollfreiheit zu entziehen, bisher noch keinen Gebrauch gemacht.

Arbeiterin in Textilfabrik

Wie sehen die Arbeitsbedingungen in Textilfabriken aus?

Textilindustrie zerstört die Umwelt

Mehr als 90 Prozent unserer Kleidung stammen aus Asien und verursachen dort gewaltige Umweltschäden. Vor allem China gilt als der wichtigste Exporteur von Textilien weltweit.Laut Greenpeace sind über zwei Drittel der chinesischen Flüsse und Seen verschmutzt. Es konnte nachgewiesen werden, dass sich von 435 registrierten Abfluss-Stationen in China zwei Drittel nicht an Umweltstandards hielten.

Giftstoffe aus den Fabriken werden oft ungeklärt abgeleitet. Einmal freigesetzt, reichern sie sich in Flüssen, Meeren, Böden und in Pflanzen an und tauchen später im Essen und Trinkwasser wieder auf. Auf Satellitenbildern kann man erkennen, dass sich die giftigen Abwässer im Meer wie eine riesige schwarze Wolke ausbreiten. Da die freigesetzten Gifte teilweise um die halbe Welt transportiert werden, sind sie auch in der Lage unsere Ökosysteme zu verschmutzen. Viele Gifte sind extrem resistent und manche sogar bioakkumulativ, das heißt, sie können sich im Körper von Lebewesen anreichern und der Gesundheit schaden.

Giftige Abwasser

Giftstoffe gelanden in die Gewässer und zerstören Lebensraum von Mensch und Natur.

Das Gift in der Kleidung

Alarmierend ist zudem der Cocktail aus Chemikalien, der über die Kleidung direkt auf unsere Haut gelangt. Die Chemikalien können mehr als ein Fünftel des Gewichts einer Hose oder eines Kleides ausmachen. Sie stecken zum Teil in den Farben oder sorgen für den Tragekomfort eines Kleidungsstücks.  Einige von ihnen stehen sogar in Verdacht Krebs auszulösen. Eine Zulassung für Textilien gibt es jedoch nicht und Grenzwerte bestehen nur für sehr wenige Chemikalien, da den Behörden umfassende Kenntnisse über die Produkte fehlen.Greenpeace hat hat mit „Entgiftet unsere Kleidung“ eine Kampagne ins Leben gerufen, der sich bereits 32 globale Modemarken verpflichtet haben, bis 2020 Schadstoffe durch ungefährliche Substanzen zu ersetzen.Es reicht jedoch nicht aus, allein die Textilproduktion zu verändern – auch das Konsumverhalten der Verbraucher muss sich ändern.

Sicherheit für Verbraucher

Viele Käufer sind bereit für ihre Kleidung tiefer in die Tasche zu greifen, wissen jedoch häufig nicht wo und wie sie die fair produzierte Kleidung finden. Der Preis allein ist leider keine Garantie für fair hergestellte Kleidung, denn auch hochpreisige Marken lassen ihre Kollektionen in Drittweltländern zu Dumpinglöhnen fertigen. Im zweiten Teil berichten wir, auf was Sie beim Textilkauf achten sollten und wie Sie sicher gehen können, dass Ihre Kleidung fair und sauber produziert wurde.

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Quellen: welt.de, greenpeace.de, saubere-kleidung.de, zeit.de, Bilder: depositphotos/paulprescott/maxsaf/Kzenon/ dimaberkut, Text: Meike Riebe