So erkennen Sie Tierquälerei durch Animal Hoarding
Beim sogenannten Animal Hoarding nimmt die Liebe zu Tieren krankhafte Züge an. Tierhalter sammeln dabei unzählige Tiere aber können sie nicht ausreichend versorgen und sind komplett überfordert. Was kann man gegen diese Tierquälerei tun?
Krankhafte Tierliebe
Haustiere sind für viele von uns geliebte Gefährten und Familienmitglieder. Doch diese Tierliebe kann in extremen Fällen auch krankhaft werden. Beim Animal Hoarding handelt es sich um ein Krankheitsbild, bei dem betroffene Menschen eine zu große Menge an Tiere halten, ohne ihren Ansprüchen gerecht werden zu können. Das Problem bei diesem Verhalten ist, dass die Halter der Tiere oft gar keine Einsicht für ihre Situation zeigen und nicht erkennen, wie schlecht es ihren Schützlingen geht. Denn die Haustiere erhalten in solchen Fällen oft zu wenig Zuwendung, Pflege oder Nahrung und auch die tiermedizinische Versorgung wird nicht ausreichend ermöglicht. Aus Liebe wird also grausame Tierquälerei.
Das sind die Anzeichen für Animal Hoarding
Ein Fall von Animal Hoarding liegt zum Beispiel vor, wenn mehr Tiere als durchschnittlich üblich gehalten werden. Dabei leben sie oft in einer Wohnung, einem Haus oder einem Gelände, das für die Anzahl der Tiere überhaupt nicht geeignet ist. Bei den Tierhaltern fehlt in der Regel die Einsicht dafür, dass sie weniger Tiere halten sollten und es gibt keine tiergerechte Haltung oder angemessene Pflege. Auch die Ernährung, Hygiene und medizinische Versorgung der Tiere ist mangelhaft. Bei fortgeschrittenen Fällen von Animal Hoarding befinden sich das Haus oder das Gelände, auf dem die Tiere leben, oft in einem bedenklichen hygienischen Zustand. Dabei liegen beispielsweise Kot und Urin auf dem Boden oder in der Katzentoiletten, Käfige und Zwinger werden nicht regelmäßig gereinigt und sind stark verschmutzt. Häufig sind die Tiere bei einer solchen Haltung auch unter- oder mangelernährt, was an einem schlechten Fell oder hervorstehenden Knochen zu erkennen ist. Verschmutztes Trinkwasser ist ebenfalls ein Hinweis auf eine unzureichende Haltung.
Tiere bekommen dringend benötigte Hilfe nicht
Bei Fällen von Animal Hoarding werden die Tiere meistens nicht tiermedizinisches untersucht, obwohl sie offensichtlich krank sind und Hilfe benötigen. Die Tiere von solchen Haltern sehen ungepflegt aus, haben verfilztes Fell, sind verschmutzt, leiden an entzündete Ohren oder Zahnstein und sind von Ungeziefer befallen. Ein weiterer Hinweis auf Animal Hoarding ist das Zusammenleben von männlichen und weiblichen Tieren ohne Kastration, sodass eine unkontrollierte Vermehrung möglich ist. Dabei kann es sogar zu Missbildungen durch Inzucht kommen. Die Tierhalter verschweigen, wie viele Tiere sie insgesamt wirklich besitzen und wollen keine Besucher auf ihrem Grundstück oder Ihrem zu Hause. Auch Verhaltensauffälligkeit bei den Tieren können auf Animal Hoarding hinweisen. Diese Auffälligkeiten äußern sich etwa durch eine extreme Scheu vor Menschen, durch Unsauberkeit, ununterbrochenes im Kreis laufen und bei Hunden durch ein ständiges Bellen.
Wie viele Fälle von Animal Hoarding gibt es in Deutschland?
Um einen Überblick über die Anzahl der Fälle von Animal Hoarding zu erhalten, sammelt der Deutsche Tierschutzbund seit 2008 Informationen aus Medienberichten oder Meldungen aus Tierheimen. Seit Beginn der Erhebungen waren in Deutschland mehr als 35.000 Tiere betroffen. Am häufigsten wurden dabei Katzen gehortet, es gab aber auch immer wieder Fälle mit kleineren Haustieren wie Kaninchen, Meerschweinchen oder Ratten. Die meisten Fälle wurden bisher 2022 protokolliert, denn in diesem Jahr gab es 78 Fälle von Animal Hoarding mit 4506 betroffenen Tieren. Bei Rettungsaktionen werden allerdings häufig auch tote Tiere gefunden, welche gar nicht vollständig gezählt und erfasst werden können. Auch der Nachwuchs trächtiger Tiere kann nicht mitgezählt werden, die Dunkelziffer ist also vermutlich noch sehr viel höher.
Gründe für das krankhafte sammeln von Tieren liegen oft in der Kindheit
Das Problem des Animal Hoarding entsteht durch Menschen, die psychisch erkrankt sind und nicht mehr erkennen können, dass die Tiere in ihrer Obhut leiden. Dieses Verhalten hat auch negative Auswirkungen auf das Umfeld der Betroffenen, wie zum Beispiel Familienmitglieder oder Nachbarn. Und auch die eigene Gesundheit leidet unter solch einer Situation. Viele Animal Hoarder leben zudem isoliert und sind einsam. Die konkreten Auslöser für das krankhafte horten von Tieren sind nicht bekannt. Viele Tiersammler haben aber schon als Kinder Haustiere gehalten und enge Bindungen zu ihnen entwickelt. Beziehungen zu Erwachsenen waren dagegen wegen Gewalterfahrungen oder Misshandlungen oft eher problematisch und es haben in der Kindheit sichere Bezugspersonen gefehlt. Tiere waren dann häufig der Ersatz für diese Bezugspersonen. Im späteren Leben können enttäuschende Erfahrungen mit anderen Menschen die Entwicklung zum krankhaften sammeln von Tieren fördern. Animal Hoarder vermenschlichen ihre Haustiere, ignorieren aber ihre Bedürfnisse und verlieren zum Beispiel nach einem Schicksalsschlag die Kontrolle über die Tierhaltung und vernachlässigen dann die eigentlich geliebten Tiere.
Tierhalter brauchen dringend Hilfe
Trotz der steigenden Zahlen im Bereich Animal Hoarding gibt es bis heute keine speziellen Therapien für Betroffene. Es gibt zu wenige Therapeuten, die sich mit diesem Thema auskennen. Außerdem lehnen die Tierhalter therapeutische Hilfe häufig ab und zeigen keine Einsicht für ihre Probleme. Um langfristig etwas gegen dieses Verhalten zu tun, braucht es aber unbedingt psychologische Unterstützung. In einer Therapie können die dahinterliegenden Verletzungen und Traumata, die zu Beispiel in der Kindheit entstanden sind, aufgearbeitet werden, um ein funktionales Leben und gesunde Beziehungen zu anderen Menschen zu ermöglichen.
So können Sie bei Animal-Hoarding Fällen helfen
Suchen Sie das Gespräch mit den Tierhaltern, wenn Ihnen ein Fall von Animal Hoarding auffällt. Falls ein gutes Vertrauensverhältnis besteht, lassen sich die Betroffenen eventuell davon überzeugen, dass sie Hilfe brauchen. Bei fehlender Einsicht, oder wenn die Tiere sich bereits in einem sehr schlechten zustand befinden, muss das zuständige Veterinäramt oder die Polizei informiert werden. Unterstützung im Kampf gegen Animal Hoarding können Sie auch leisten, indem sie Tierschutzvereine finanziell, mit Sachspenden oder durch ehrenamtliche Mitarbeit unterstützen. Auch eine Adoption von geretteten Tieren kann helfen. In Tierheimen können Sie sich dazu beraten lassen.
Was passiert mit den Tieren aus Animal-Hoarding-Fällen?
Nach der Beschlagnahmung von Tieren aus Animal-Hoarding-Fällen kümmern sich die Mitarbeiter von Tierheimen um die gehorteten Tiere. Sie werden von den Heimen aufgenommen und hier kümmert man sich um die oft verwahrlosten und traumatisierten Haustiere. Die Rettung der Tiere aus solchen Haushalten stellt Tierheime vor eine große Aufgabe, welche psychisch, physisch und auch finanziell sehr herausfordernd ist. Um den Tieren gerecht zu werden, verteilt man sie deshalb meist auf mehrere Einrichtungen.
Quelle: Deutscher Tierschutzbund, Deutsches Ärzteblatt, Deutschlandfunk, Bilder: Depositphotos/Strelka13, DedF12, Text: Fatma Cevik
- Tiere
- Tierschutz
- Tierquälerei