Erstmals mehr Ökostrom als fossile Brennstoffe in der EU
26. Weltklimakonferenz in Glasgow kann neue Phase der internationalen Klima-Zusammenarbeit einleiten
Zu Beginn der UN-Klimakonferenz in Glasgow warnen die Vereinten Nationen ihre Mitgliedsstaaten: Die bisher vorgelegten Pläne zur CO2-Reduktion reichen nicht aus, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. "Wir sind noch nicht einmal annähernd da, wo die Wissenschaft sagt, dass wir sein sollten", sagte die Chefin des UN-Klimasekretariats Patricia Espinosa. Europa steigt gleichzeitig aus Kohle, Atomkraft und Erdöl aus. Erneuerbare Energien müssen das kompensieren. Angeführt durch die Nutzung erneuerbarer Energien hat die Europäische Union im vergangenen Jahr erstmals mehr Strom aus alternativen Quellen als aus fossilen Rohstoffen erzeugt. Doch erneuerbare Energie aus Windkraft, Solarenergie und Biomasse sind begrenzt und kommen immer wieder in die Kritik. Mit dem gerade von der EU genehmigte Fond für den grünen Übergang in Höhe von 21 Milliarden US-Dollar können neue Weichen gestellt werden. Ein Paradebeispiel dafür, wie der Green Deal auch alternative und innovative Lösungen fördern könnte, lässt sich anhand der Entwicklung des Energiesektors auf Mauritius zeigen. Hier soll Kohle mit Arundo Donax und ähnlichen Bioenergiepflanzen sukzessive durch Biomasse ersetzt werden. Auch in Europa lässt sich die Pflanze auf Brachflächen zur Gewinnung von Biomasse anbauen und dabei gleichzeitig ungenutzten Felder und Böden revitalisieren.
21 Milliarden für Netto-Null-Emissionen in Europa
Die 27 Mitglieder der Europäischen Union haben der Verordnung zur Einrichtung des sogenannten Just Transition Fund zugestimmt, um den von fossilen Brennstoffen abhängigen Volkswirtschaften beim Umstieg auf umweltfreundlichere Energie zu helfen, und damit die letzte Hürde für die Einführung des Fonds genommen. Der Just Transition Fund (JTF) im Wert von 21,3 Milliarden US-Dollar (17,5 Milliarden Euro) ist einer der Mechanismen, mit denen die Europäische Union ihre Mitgliedstaaten dabei unterstützen wird, auf das EU-weite Klimaziel hinzuarbeiten, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen.
Im Rahmen ihres Grünen Deals hat sich die EU verpflichtet, Investitionen in nachhaltige Unternehmen, Technologien und Lösungen sowie in umweltfreundlichere Energie- und Stromerzeugung zu unterstützen. Zum Green Deal gehört auch der sogenannte Just Transition Fund, um mit Geldpaketen stark kohleabhängige Regionen und/oder Länder zu unterstützen. Die EU-Mitgliedstaaten kamen überein, dass der Fonds Projekte finanziert, um die sozialen und wirtschaftlichen Kosten für Gemeinschaften in der EU zu senken, die stark von fossilen Brennstoffen oder treibhausgasintensiven Industrien abhängig sind und die lokale Wirtschaft diversifizieren müssen. Polen und Deutschland werden voraussichtlich die größten Nutznießer des Fonds sein, wenn man bedenkt, dass ihre noch immer umfangreiche Kohleindustrie und Regionen auf Kohle für Beschäftigung und Wirtschaftswachstum angewiesen sind.
„Der Erfolg des europäischen Grünen Deals beruht darauf, dass wir die Folgen, für die am stärksten von der Dekarbonisierung der Wirtschaft Betroffenen, abmildern. Der Fonds für einen gerechten Übergang wird Unternehmen und Arbeitnehmern auf lokaler Ebene die dringend benötigte Unterstützung bieten, damit wir als Union den Klimawandel gemeinsam bekämpfen können und niemanden zurücklassen“, sagte Nelson de Souza, portugiesischer Minister für Planung und Ratspräsidentschaft, in einer Erklärung.
Finanzieller Impact und der Greendeal
Die Umsetzung dieser neuen Wachstumsstrategie der EU ist eine Herkulesaufgabe. Das Ergebnis jedoch eine gewaltige positive Veränderung in Richtung Klimawandel und Wettbewerbsfähigkeit. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete die Erreichung dieser Ziele sogar als „europäischen Mann-auf-dem-Mond-Moment“. Natürlich braucht es davor noch viel politischen Willen und Engagement auf allen Ebenen. Und diese Maßnahmenpakete kosten Geld. Geld, das allein aus staatlichen Förderungsmitteln nicht beschafft werden kann. Ziel des EU-Aktionsplans ist es deshalb, auch über institutionelle und private Anleger Geld für den Umbau der Realwirtschaft aufzubringen. Kapitalmärkte können eine wichtige flankierende Rolle zur Erreichung umweltpolitischer Ziele einnehmen, wenn sie private Finanzströme in nachhaltige Verwendungen lenken z.B. durch Sustainable Finance. Dies kann zugleich dazu beitragen, den großen Kapitalbedarf zur wirtschaftlichen Modernisierung Europas zu decken. Ein zentrales Instrument, an dem die Europäische Kommission derzeit arbeitet, ist hierfür die Sustainable Finance Taxonomie. Diese soll künftig helfen, EU-weit Wirtschaftsaktivitäten nach ihrer Nachhaltigkeit zu klassifizieren. In einem ersten Schritt legt die Taxonomie einen besonderen Fokus auf Klimaziele. Perspektivisch soll sie über verschiedene Umweltziele hinaus auch soziale Aspekte und gute Unternehmensführung abdecken. Wie das in Praxis aussehen könnte zeigt beispielslos die Meridiam Gruppe (www.meridiam.com) in Frankreich.
Financial Impact für den Green Deal
Bevor Thierry Déau an der Spitze einer 8 Milliarden Euro verwaltenden Investmentgesellschaft stand, war er Bauingenieur, was vielleicht seine Einzigartigkeit in der Finanzwelt erklärt. Der von ihm 2005 ins Leben gerufene Meridiam-Fonds konzentriert sich ausschließlich auf langfristige, nachhaltige Investitionen von 25 Jahre oder länger und misst seine Leistung nach seiner Wirkung auf die von den Vereinten Nationen definierten SDGs (Sustainable Development Goals).
„Ingenieur zu werden ist eine Schule mit einer starken Kultur des allgemeinen Interesses, es ist eine Ausbildung, die sich auf die nachhaltige Entwicklung der Regionen und der Städte konzentriert", erklärt der 51-jährige Geschäftsmann in einem Interview mit dem Journal l’Echo, dessen Vermögen vom Fortune Magazin auf 180 Millionen Euro in 2020 geschätzt wurde.
Auf Martinique, als Sohn eines Sozialarbeiters und Unternehmers geboren, leitet der Gründer von Meridiam die französische Plattform für nachhaltige Finanzen „Finance for Tomorrow“. Sein Ziel ist es, das Finanzsystem in den Dienst des ökologischen Wandels zu stellen. Meridiam war 2005 eines der ersten Unternehmen, das seine Strategie auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) ausgerichtet hat. Heute folgt ein Großteil des französischen Finanzmarktes seinem Beispiel. Somit nimmt Frankreich eine große Vorreiterrolle im Bereich Impact Investment ein und wird zukünftig auch den European Green Deals nachhaltig finanzieren.
Regenerative Energiegewinnung mit Biomasse gewinnt an Bedeutung
Biomasse aus der Forst- und Landwirtschaft oder auch Reststoffe aus der Industrie und den Haushalten können einen zusätzlichen Beitrag zur Energiewende leisten. Auf dieser Biomasse-Basis kann im Rahmen der Bioökonomie eine nachhaltige, regenerative Energie für den Energiemix der Zukunft bereitgestellt werden. Wasser, Wind, Sonne, Erdwärme und Biomasse sind die Ressourcen, die auf der Erde für eine regenerative Energieversorgung zur Verfügung stehen.
Schilf stellt die ideale Grundlage für Biomasse dar.
Um das Ziel die Erderwärmung auf maximal 2°C zu begrenzen, ist daher weiterhin der Umstieg auf eine regenerative Energieversorgung ein besonders wichtiger Teil des Klimaschutzes, denn etwa 75 Prozent der Treibhausgas-Emissionen der Europäischen Union (EU) entfallen auf die Energieproduktion (Strom, Wärme und Verkehr). Um diesen Anteil der erneuerbaren Energie in den Bereichen Strom, Wärme und Verkehr noch weiter zu erhöhen, bietet die biomassebasierte Energieerzeugung weitere Lösungsansätze. Denn damit Produkte und Energie der Bevölkerung nachhaltig zu Verfügung gestellt werden können, setzt die Bioökonomie als Teil eines zukünftigen Wirtschaftssystems auf zwei Säulen: erstens die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen im Gegensatz zu fossilen Rohstoffen und zweitens biologisches Wissen und innovative Technologien.
Biomasse-Nutzung hat im Bereich der regenerativen Energiegewinnung einen besonderen Stellenwert, denn zum einen können mit ihr die Schwankungen bei der Energieerzeugung aus Wind und Sonne ausgeglichen werden. Zum anderen kann sie zunächst stofflich und im Anschluss als Reststoff energetisch genutzt werden. Auch unter der Prämisse, dass die Lebens- und Futtermittelerzeugung sowie die stoffliche Nutzung grundsätzlich Vorrang haben, kann die Bioökonomie auf ausreichend Ressourcen zugreifen, um auch im Kontext der Bioenergie weiterhin einen wichtigen Beitrag zu leisten.
Extrem hohe Energiedichte von Arundo Donax
In der Bioökonomie ist es besonders wichtig, dass Innovationen und deren Anwendung immer entlang der gesamten Wertschöpfungskette ansetzen, beginnend beim Rohstoffanbau über die Prozess- und Produktentwicklung bis hin zur Verwertung von Reststoffen. Ein bislang eher unbekannter Rohstoff in der Biomasseherstellung ist Arundo Donax, auch bekannt unter dem Namen Schilfrohr und Riesenschilf. Arundo Donax ist an eine Vielzahl von ökologischen Bedingungen angepasst und kann in einer Vielzahl von Böden extrem schnell wachsen und benötigt sehr wenig Wasser. Weiterhin hat Arundo Donax die Fähigkeit in Böden zu wachsen, die verseucht sind oder nicht mehr bewirtschaftet werden können. Doch die wichtigste Charakteristik ist die hohe Energiedeichte der Pflanze, die alle anderen Energiepflanzen in den Schatten stellt.
Erkannt hat dies Sándor Pákozdi von Arundo Bioenergy vor einigen Jahren. Auf Basis seiner Forschungen hat er die Pflanze weitergezüchtet, so dass die Energiedichte maximal gesteigert werden konnte. „Erneuerbare Energien sind aufgrund ihrer Vorteile als saubere Energiequellen sehr wichtig, da sie eine viel geringere Umweltbelastung als konventionelle Energietechnologien verursachen und auch nie ausgehen werden im Vergleich zu fossilen Brennstoffen. Wir bauen Arundo in Afrika, Amerika und Europa an und erzielen sehr gute Ergebnisse damit in der Produktion von Biomasse und Biokraftstoffe. Der schöne Nebeneffekt dabei ist, dass wir mit dem Anbau von Arundo es Ländern ermöglichen, sich aus einer Energieabhängigkeit durch teure Importe von z.B. Kohle zu befreien und eine eigene, unabhängige Energiestruktur zu schaffen. Somit werden im Land Arbeitsplätze geschaffen, ganze verwaiste Landstriche wieder renaturiert und viel Geld für kostspielige Energieimporte gespart. Nun hoffen wir natürlich, dass mit dem European Green Deal auch unsere Technologie gefördert und der Anbau von Arundo Donax als Biomasse vorangetrieben wird“, erklärt Sándor Pákozdi, Geschäftsführer von Arundo Bioenergy.
Sándor Pákozdi ist Geschäftsführer von Arundo Bioenergy.
Auch für Deutschland wäre der Bau von Biomasse-Kraftwerken, wie es z.B. die EON Tochter Uniper in Frankreich plant, eine saubere Alternative zu den noch bestehenden Kohlekraftwerken. Arundo wäre dabei eine innovative Ergänzung zu den bereits in Deutschland verwendeten Rohstoffe wie zum Beispiel aus eigens landwirtschaftlich angebauten Pflanzen (z.B. Mais, Weizen, Zuckerrübe, Raps, Sonnenblumen, Ölpalmen), aus schnellwachsenden Gehölzen, die auf landwirtschaftlichen Flächen angebaut werden (sogenannte Kurzumtriebsplantagen), aus Holz aus der Forstwirtschaft oder aber aus biogenen Abfall- und Reststoffen aus Land- und Forstwirtschaft, Haushalten und Industrie.
Dabei können die Rohstoffe regionaler Herkunft sein oder über globale Handelsströme wie zum Beispiel Holz- oder Arundo-Pellets zu uns gelangen.
Anbaubiomasse – Die „Teller oder Tank“-Debatte
Die drastische Steigerung der Nachfrage nach Anbaubiomasse verändert auch die globale Landnutzung und langfristig führen Bevölkerungszunahme, steigender Fleischkonsum in Schwellenländern, Klimawandel und auch Bioenergie sehr wahrscheinlich zu Preissteigerungen bei Agrarrohstoffen. Diese Preissteigerungen werden im Hinblick auf die globale Hungerproblematik kontrovers diskutiert. Dr. Manuel Fuentes ist Senior Sustainable Energy Expert und war als Berater für die Weltbank, der Europäischen Union und für die United Nations Industrial Development Organization (UNIDO) für die technische Entwicklung des Energiesektors in der Karibik und Afrika verantwortlich. Kaum jemand kennt die Herausforderungen beim Ausbau von regenerativen Energienetzen in Schwellenländern besser als er. „Einerseits ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, dass der ländliche Raum in Entwicklungs- und Schwellenländern seine Einkommenschancen verbessert.
Andererseits kann es aber auch zu Verdrängungen von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern und extensiven Nutzungsformen kommen. Zudem löst die gesteigerte Nachfrage eine Ausweitung der landwirtschaftlichen Produktionsfläche aus, die zu einem Verlust wertvoller Ökosysteme führen kann. Auch eine Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion kann mit ökologischen Kosten verbunden sein. Mit Arundo Donax haben wir dieses Problem nicht, da ausschließlich brachliegende Flächen zum Anbau dafür benutzt werden und somit keine Konkurrenz zum Anbau von Futterpflanzen entsteht. Auch das Argument, dass Energiepflanzen sehr viel Wasser benötigen greift im Fall von Arundo Donax nicht. Auf Mauritius konnte ich mir persönlich ein Bild davon machen, wie der Anbau von Arundo Donax nicht nur den Kohleimport ersetzt, sondern gleichzeitig Arbeitsplätze geschaffen werden und ganze verwaiste Landstriche und Felder, die von den Zuckerrohrbauen nicht mehr bewirtschaftet wurden, wieder renaturiert werden“, erklärt Dr. Manuel Fuentes.
Best Practise Mauritius als Blaupause für Europa
Laurent de Morelos treibt die innovative Energieforschung voran.
Laurent de Morelos ist kein unbeschriebenes Blatt in der Welt der erneuerbaren Energien (ecowoman Interview Januar, 2019). Nach über zwölf Jahren intensivster Forschungs- und Entwicklungsarbeit, in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnerunternehmen wie z.B. Arundo Bioenergy, baut er jetzt Arundo Donax großflächig an, um einen neuen grünen Energieexportsektor mit der Produktion von Biokraftstoffpellets zu ermöglichen und schafft eine Biomasse-Lieferkette, die bis 2030 Kohle ersetzen soll. Durch den Einsatz von ArundoK12 in der Energiegewinnung öffnen sich für Mauritius ungeahnte wirtschaftliche und ökologische Entwicklungspotentiale, mit weitreichenden Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette und Wirtschaft. Außerdem könnte Mauritius eines der ersten Länder sein, dass die ambitionierten Ziele des Pariser Klimabkommens durch die neue Ausrichtung auf grüne und saubere Energie erreichen könnte.
Doch die grüne Energierevolution von Laurent de Morelos könnte noch viel weitreichendere Auswirkungen für den gesamten afrikanischen Kontinent haben und sich in vielfacher Hinsicht für einen nachhaltigen und wirtschaftlichen Segen für Entwicklungsländer entwickeln. Aber auch europäische Industrieländer könnten davon profitieren und ihnen eine Chance auf das Erreichen der EU-Zwischenziele mit einer verbindlichen Emissionsreduktion von 20 Prozent bis 2020 und mindestens 40 Prozent bis 2030 ermöglichen. „Durch die Optimierung unserer Produktionsprozesse sind wir nun so wettbewerbsfähig, dass wir unseren Außenhandel neben Afrika nun auch nach Europa richten können und somit den Anteil an erneuerbarer Energie weiter steigern können. Entsprechende Gespräche führen wir gerade und sind sehr zuversichtlich, dass wir mit Arundo Donax einen Teil der benötigten Ressourcen auch hier decken können und dies durch den Europäischen Greendeal auch unterstützt wird, erklärt Lauren de Morelos, Gründer von Equilibre Energy.
Er drückt es mit Hamlets Worten aus: „Die Zeit ist aus den Fugen geraten. Oh, verfluchter Trotz. Dass ich jemals geboren wurde, um es richtig zu machen! Mit Blick in die Zukunft und dem bevorstehenden Klimawandel müssen wir bereits jetzt die Weichen für alternative, innovative und erneuerbare Energiequellen stellen. Wenn bis 2050 sich die Erderwärmung um 2 Grad voranschreitet, werden wir mit einem subtropischen Klima, extreme Temperaturen und Dürre in Europa rechnen müssen. Welche Energiepflanzen hier besonders ertragreich sind, zeichnet sich bereits heute schon mit Arundo Donax ab.
Quelle: red, Bild: Depositphotos: VadimVasenin, KKulikov, Autorin: Ulrike Stöckle
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